Donnerstag, 12. März 2009

Quotenjournalismus


In der schwäbischen Kleinstadt Winnenden hat ein Siebzehnjähriger ein Blutbad angerichtet. Selbstverständlich nutzte die ARD die Gunst der Stunde. Viele Tote bringen Quote! Also wird eilends ein "Brennpunkt" angesetzt, auch wenn man gar nichts mehr zu berichten hat. Vorgeblich gerechtfertigt durch journalistische Informationspflicht. Als wäre die Herausgabe eines Extrablatts sinnvoll, in dem nichts Neues steht. Man erfuhr nämlich nichts, was man nicht bereits aus den vorausgegangenen Nachrichtensendungen wusste. Stattdessen traten auf: ein der freien Rede nicht mächtiger Jungjournalist vor einer Kirchentür, ein betroffen dreinblickender Justizminister ohne Detailwissen, eine biedere Rotkreuzhelferin, die nicht dabei war, und ein schwafelnder Polizeipsychologe. Der Stuttgarter ARD-Redakteur vom Dienst ließ uns wissen, dass Gewaltvideos die Aggressivität nicht auslösen, sondern allenfalls verstärken. Das hat uns alle überzeugt davon, dass im Grunde alles in Ordnung ist. Abgesehen vom journalistischen Ethos eines öffentlichrechtlichen Senders. Denn um Information ging es offensichtlich nicht, sondern um das Ausnutzen des Interesses einer geschockten Öffentlichkeit zwecks Erhöhung der Einschaltquote.