Sonntag, 28. März 2010

Dumm


In einer Kritik der Berliner Zeitung über ein Konzert der Popsängerin Peaches lese ich: "Eigentlich wünscht manch einer dem Musicalkönig Andrew Lloyd Webber biblische Plagen an den Hals, sind doch seine Songs aus Cats und Co. musikalischer Süßstoff für Kultur-Diabetiker, das ohrwurmige Pendant zu Degeto-Filmen und Fertignahrung." Scherzhafte Formulierung? Vielleicht. Verräterisch allemal. Was sich in diesem Satz verbirgt, ist leider eine sehr deutsche Haltung. Über Unterhaltung darf man sich hierzulande ungestraft ohne jede Begründung bösartig äußern, denn die ist der allgemeinen Verachtung preisgegeben, selbst von denen, die sie konsumieren. Man wird immer die Lacher auf seiner Seite haben. Auf Andrew Lloyd Webber einzudreschen, ist keine Kulturkritik. Mut gehört nicht dazu. Nur eine Portion Dummheit. Denn die braucht man, um als Zeitungsschreiber die Arbeit eines Komponisten, der uns mehrere Welthits geschenkt hat, gering zu schätzen.

Freitag, 26. März 2010

Lebende Tote


Sten Gagnér zitiert in seinem Nachruf auf Bernhard Rehfeldt den schwedischen Schriftsteller Erik Gustaf Geijer. Die Sternschrift der Vergangenheit bestünde aus den Gedanken der Toten; Gedanken, die aufzuklären, zu rühren, zum Erstaunen zu bringen und zu bezaubern vermögen, als wäre in ihnen lebendiger Geist. Und ebenso, wie sich in den Gedanken der Toten dieser Geist vernehmen, fühlen, verstehen lasse, wirke ein Mensch schon zu Lebzeiten am wesentlichsten unbewusst durch das, was er sei, durch die Summe, das Fazit seiner Handlungen. Nach seinem Tod sei der Gesamteindruck eines Menschen am klarsten zu gewinnen. "Es gibt keine in aller Stille gesegnete Erinnerung, die nicht segnend wirkt. Eine solche Wirkung aber ist überall die des Lebens, nicht die des Todes. So leben auch die Toten. Und wer viel mit den Gedanken der Toten umgegangen ist, der kann am wenigsten daran zweifeln."