Donnerstag, 7. Mai 2009

Peitschenschwinger


Dirigenten müssen Dompteure sein. Denn prinzipiell besteht jedes Orchester aus renitenten Solisten. Jede und jeder hat zu Beginn der Ausbildung daran geglaubt, irgendwann ein Menuhin, eine Mutter oder ein Yoyo Ma zu werden. Keiner hat sich einen Job als dritter Geiger von links erträumt. So sieht sich der Dirigent dem frustrierten Ehrgeiz von 30 bis 60 Musikern gegenüber. Soviel geballte Unzufriedenheit in die Form einer Gruppenleistung zu zwingen, kostet Kraft und gelingt nur einem Menschen mit Autorität und Selbstbewusstsein. Er muss bereit sein, die Peitsche zu schwingen, symbolisiert durch den Taktstock. Die stets auf eine Schwäche lauernden Orchestermitglieder, dürfen an der Macht, dem Können und Wissen ihres Chefs keine Sekunde zweifeln, sonst ist er verloren. Große Dirigenten sind selten sympathisch. Bewundernswert aber immer. Denn sie bringen eine Bande unwilliger Raubtiere dazu, gemeinsam durch seinen Reifen zu springen.