Der Spiegel wollte von Nikolaus Harnoncourt wissen, wie es passieren konnte, dass Mendelssohn trotz überragender Fähigkeiten lange nicht den ihm gebührenden Platz in der Musikgeschichte erhielt. Worauf der große Dirigent und Musikwissenschaftler die folgende, wegen ihrer Unverblümtheit höchst bemerkenswerte Antwort gab: "Gescheiten Leuten nimmt man übel, dass sie gescheit sind. Aber für seine Beurteilung war natürlich dieses unverschämte antisemitische Pamphlet von Richard Wagner Das Judentum in der Musik entscheidend. Das ist auf dem Gebiet der Verleumdung unter Kollegen wahrscheinlich das Schmutzigste, was es gibt. Wagner, Mendelssohn und Schumann sind fast gleichaltrig gewesen. Die beiden Letzteren haben dem Wagner halt den Gefallen getan, früh zu sterben. Da muss er jedesmal Freudenfeste gefeiert haben. Mit einem lebenden Mendessohn und einem lebenden Schumann wäre Wagners Erfolg so nicht möglich gewesen."