Montag, 16. Februar 2009

Glücksrezept


Die Frage nach dem Glück hat der immer noch vielfach unterschätzte Erich Kästner mit einer Geschichte beantwortet, die weitererzählt zu werden verdient. Auf der Suche nach einem wirklich glücklichen Menschen findet er einen alten Mann. Der weiß wohl, dass er eine Ausnahme ist. Sein Glück beruhe darauf, erklärt er, dass er noch einen Wunsch frei habe. Und dann erzählt er von einer merkwürdigen Begegnung. Als er noch ein junger Mann gewesen sei, habe sich auf einer Parkbank ein Weihnachtsmann neben ihn gesetzt und ihm verkündet, er hätte drei Wünsche frei. Natürlich hielt der Erzähler das für einen dummen Scherz, und da er schlecht drauf war, sagte er dem Weihnachtsmann, er möge sich zum Teufel scheren. Worauf der Alte augenblicklich verschwunden sei. Das mit den drei Wünschen war also wahr. Nun konnte der Erzähler den armen Weihnachtsmann doch nicht in der Hölle schmoren lassen. Er wünschte ihn sich also zurück, und - schwups - saß der Weißbart, leicht angesengt, wieder neben ihm. Zwei Wünsche waren vertan. Die beiden verabschiedeten sich. 
"Und?", fragt Kästner, "Seitdem sind Sie glücklich?"
"Den letzten Wunsch habe ich vierzig Jahre nicht angerührt. Manchmal war ich nahe dran. Aber nein, Wünsche sind nur gut, solange man sie noch vor sich hat."