Montag, 19. Januar 2009

Stauffenberg


Am kommenden Dienstag wird "Operation Walküre - Das Stauffenberg Attentat" auf der Berlinale seine Europapremiere feiern. Der Film macht seit zwei Jahren Schlagzeilen. Vor allem Tom Cruise und die historische Genauigkeit des Drehbuchs wird diskutiert. Wichtiger wär's, über das Attentat selbst nachzudenken. Denn: Der 20. Juli 1944 ist ein Mythos der 50er Jahre. Fast alle männlichen Deutschen waren in der Wehrmacht gewesen, ihre Frauen und Kinder sahen in ihnen nach wie vor brave Vaterlandsverteidiger. Andere, weit mutigere Hitler-Attentäter waren den gerade erst entnazifizierten Deutschen nicht zu verkaufen. Es musste schon ein ehrenwerter Wehrmachtsoffizier sein. Heutzutage darf gefragt werden, warum das Gewissen Stauffenberg und seine Mitverschwörer erst zur Tat trieb, als das fröhliche Siegen, Erobern und ethnische Säubern vorbei war und die Niederlage selbst für fanatische Hitlerverehrer absehbar. Leute in Führungspositionen der Wehrmacht wussten schon seit Beginn des Krieges von den Gräueln, die im Osten begangen wurden, wenn sie nicht sogar persönliche Verantwortung dafür trugen. Die Wehrmacht war tief verstrickt in die Verbrechen. Aber solang sie auf einem Eroberungsfeldzug war, blieb der Widerstand dieser Herren auf Tischgespräche und Hitlerwitze beschränkt. Die "Ehre Deutschlands" konnten sie 1944 nicht mehr retten. Es ging ihnen um einen gnädigen Frieden und die viel zu späte Distanzierung der Wehrmacht von den Mördern, denen sie in einem widerwärtigen Eroberungskrieg willfährig und häufig begeistert gedient hatte. Zum Glück war Stauffenberg nicht bereit, sich selbst zu opfern. Deshalb scheiterte das Attentat. Wäre es geglückt, hätte Deutschland eine Militärdiktatur statt einer Demokratie bekommen. Auch wenn der fragwürdige Mythos der 50er Jahre vom 20. Juli nun den Segen Hollywoods erhält: Stauffenberg bleibt ein fragwürdiger Held.