Sonntag, 11. Januar 2009

Diagnose: Affluenza


Unser ökonomisches System ähnelt einem monströsen Fettwanst, der jeden Tag mehr frisst als am Tag vorher. Wenn die Ration einmal zwei oder drei Tage lang gleich bleibt, glaubt das Ungeheuer zu verhungern und sieht sich in der Krise. Sollte es nicht eher fürchten, irgendwann an Übergewicht zu verenden? Zu den in der westlichen Welt am schnellsten wachsenden Branchen gehört die Vermietung von Stauraum zum Einlagern von Möbeln, Kleidung und überflüssigem Kram. Mit einem Umsatz von über 17 Milliarden jährlich hat dieser Geschäftszweig in den USA bereits die Filmbranche überflügelt. Auch in Deutschland boomt das Selfstorage-Business. Die Leute haben zu viel Zeug. Es wird immer schwerer, ihnen einzureden, dass sie mehr, mehr und noch mehr kaufen müssen, was sie nicht brauchen. Nicht ganz sinnlos, wenn es denn ein weiteres Buch sein muss, wäre die Anschaffung von Affluenza von John de Graaf, David Wann und Thomas H. Naylor. Die drei analysieren die Fresssucht des Fettwanstes als Krankheitssymptom. Ein Denken gegen den Trend. Denn heute sorgen sich alle viel mehr um die angeblich bevorstehende und möglicherweise unheilvolle Appetitlosigkeit des Fettwanstes als um seine Affluenza.