Freitag, 2. Januar 2009

Kulturbeitrag


Man stelle sich vor, dass in der noblen Klassikerreihe des Winkler Verlags nach Goethe, Schiller und Heine die gesammelten Werke eines deutschen Liedertexters erscheinen. Geht nicht, ist unvorstellbar. In den USA ist etwas Vergleichbares geschehen. Der Knopf-Verlags, der Shakesspeare, Walt Whitman und Virginia Woolf in kommentierten Editionen verlegt, hat soeben die gesammelten Liedertexte von Oscar Hammerstein II veröffentlicht. Stöhnt da die amerikanische Intelligenz auf? Im Gegenteil. Die New York Times ist begeistert. Die Musicaltexte von Hammerstein seien unvergängliche Beiträge zur Entwicklung des Musiktheaters und "Bestandteil der Textur der modernen Zivilisation". Okay, wir haben keinen Hammerstein. Aber wenn wir ihn hätten, müsste auch er sich hierzulande gegen den Vorwurf wehren, "nur" U-Texte geschrieben zu haben. Weil bei uns die Kultur grundsätzlich dort aufhört, wo ein breites Publikum erreicht wird.