Montag, 27. Juli 2009

Theaterkritik



Die Veranstalter der Salzburger Festspiele hielten es für eine wunderbare Idee, Daniel Kehlmann die Eröffnungsrede halten zu lassen. Der 34.jährige ist die unbestrittene Nummer Eins unter den literarischen Bestsellerautoren und für kluge und witzige Reden berühmt. Doch was er am Samstag zum Theaterbetrieb an deutschsprachigen Bühnen zu sagen hatte, verhagelte den Gastgebern die Stimmung. Ausländer, sagte er, die hierzulande ins Theater gingen, seien verwirrt. "Warum das denn auf den Bühnen alles immer so ähnlich aussehe, ständig Videowände und Spaghettiessen, warum sei immer irgendwer mit irgendwas beschmiert, wozu all das Gezucke und routiniert hysterische Geschrei?" Ob man Schiller in historischen Kostümen oder aktualisiert aufführen solle, sei die am stärksten mit Ideologie befrachtete Frage überhaupt. "Eher ist es möglich, unwidersprochen den reinsten Wahnwitz zu behaupten, als leise und schüchtern auszusprechen, dass die historisch akkurate Inszenierung eines Theaterstücks einfach nur eine ästhetische Entscheidung ist, nicht besser und nicht schlechter als die Verfremdung, auf keinen Fall aber ein per se reaktionäres Unterfangen." Der Schriftsteller sprach über seinen Vater, den bekannten Theatermacher Michael Kehlmann. Dieser hätte immer die Auffassung vertreten, dass der Regisseur ein Diener des Autors zu sein habe. Heutzutage werde aber ein Regisseur, der in seinen Inszenierungen die Intention des Autors umsetze, nicht mehr beschäftigt. Der herrschende "Modernisierungszwang" verlange Spielleiter, die ohne Hemmungen Texte und Inhalte verändern und gerade die besten Werke bis zur Unkenntlichkeit umgestalten. Das habe Michael Kehlmann nicht mitgemacht. Dass man ihn deshalb quasi mit einem Berufverbot belegt habe, hätte ihn in Verzweiflung gestürzt. Von der Verzweiflung der betroffenen Theaterautoren war nicht die Rede.